Der Stand der Dinge in der Sommerpause: Welche Teams sind Top und welche Flop?
- Ludo van Denderen
Die Sommerpause in der Formel 1 ist in vollem Gange, ein idealer Zeitpunkt also, um Bilanz zu ziehen: Welche Teams haben im ersten Teil der Saison erstklassige Leistungen gezeigt und welche waren ein Flop? Außerdem listen wir auf, was das Ziel jedes der 10 F1-Teams nach der Sommerpause sein sollte.
Top
Red Bull Racing
Ist hier eine Erklärung nötig? Zwölf Grands Prix, 12 Siege. Es gibt kein Maß für Red Bull Racing. Kein Team in der reichen Geschichte der Formel 1 hat bisher so viel geleistet wie die österreichische Mannschaft. Natürlich hat Red Bull mit Max Verstappen den besten Fahrer in der Startaufstellung in seinen Reihen. Außerdem ist der RB19 so stark, dass ein durchschnittlicher Rennfahrer wie Sergio Perez (trotz seiner sportlichen Malaise in diesem Jahr) immer noch Zweiter in der Meisterschaft werden kann. Es bleibt nichts anderes übrig, als Red Bull ein riesiges Kompliment zu machen für das, was 2023 bereits erreicht wurde.
Zielsetzung: Natürlich will Red Bull in dieser Saison alle Rennen gewinnen. Ohne Pech oder Unfälle ist das möglich. Das Ziel wird realistischer, wenn Perez wöchentlich die Stärken seines Autos ausspielt. Sollte Verstappen dann einmal mit einem Motorschaden zu kämpfen haben, sollte der Mexikaner eigentlich ohne Probleme den Sieg holen.
Aston Martin
Natürlich liefen die letzten Wochen der ersten Saisonhälfte nicht so prickelnd wie in den ersten Monaten, aber seien wir ehrlich: Aston Martin hat in dieser Saison schon mehr geleistet als erwartet. Sechsmal stand Fernando Alonso bereits auf dem Podium, zur Überraschung aller im englischen Team. Dass es irgendwann mal langsamer gehen könnte, war einkalkuliert. Zum einen, weil Aston Martin noch mitten in der Entwicklung steckt - zum Beispiel mit dem Umzug in eine neue Fabrik -, aber auch, weil nur ein Spitzenfahrer an Bord ist. Wenn Alonso nicht seinen Tag hat, ist Lance Stroll nicht jemand, der sich dann an die Spitze setzen kann.
Zielsetzung: Von Zeit zu Zeit wieder auf das Podium zu kommen, ist ein realistisches Ziel, auch wenn Mercedes, McLaren und vielleicht sogar Ferrari Aston Martin im Entwicklungsrennen überholt haben. Bei Aston Martin macht sich sicher niemand Sorgen, sollte ein erneuter Ausflug auf das Podium weiter ausbleiben. Das Team denkt bereits an die Saison 2024, in der es vielleicht ernsthaft um Siege kämpfen kann.
Mercedes
Für ein Team, das es gewohnt war, regelmäßig sowohl den Fahrer- als auch den Konstrukteurstitel zu gewinnen, mag das seltsam klingen. Dennoch kann man die Saison von Mercedes unter der Rubrik "Top" einordnen. Das Auto von Lewis Hamilton und George Russell kann nicht mit den Red Bulls mithalten. Keiner kann das. Hinter den Österreichern tobt ein harter Kampf um Platz zwei in der Konstrukteursmeisterschaft, den Mercedes im Moment fest im Griff hat. In jedem Rennen schaffen es die Deutschen, sich zu optimieren. Manchmal ist es Platz zwei, ein anderes Mal Platz vier. Aber was auch immer es wird: Es ist immer das maximal Erreichbare. Außerdem war Hamiltons Pole in Ungarn ein Kunststück.
Zielsetzung: Mercedes sehnt sich nach einem Sieg. Oder besser gesagt, Lewis Hamilton sehnt sich nach seinem 104. Sieg in der Formel 1. An einem Tag, an dem Red Bull einen Rückschlag erleidet, wird Mercedes dabei sein wollen, um den Vorteil voll auszunutzen.
Williams
Stell dir das vor: Williams hätte zwei anständige Fahrer. Wie würde die Welt des Traditionsteams dann aussehen. Zurzeit trägt Alex Albon Williams im Alleingang, und er macht das ganz hervorragend. Er hat bereits elf Punkte für Teambesitzer James Vowles geholt, der Williams eindeutig in den Griff bekommen hat. Man merkt an allem: Das ist noch lange nicht der Endpunkt für Williams, da ist noch viel mehr drin.
Zielsetzung: Logan Sargeant ist der Dissonant in der F1-Truppe. Der Amerikaner hat noch keinen einzigen Punkt geholt, obwohl sein Auto in der Lage ist, unter den ersten 10 zu landen. Das sollte sich doch in der zweiten Saisonhälfte ändern können, zum Beispiel in Monza - einer Strecke, die dem Auto gut liegen sollte?
McLaren
Die Art und Weise, wie McLaren in die Saison gestartet ist, war beschämend. Mehr als einmal schaffte es das englische Team nicht einmal, Q1 zu überstehen. Das lag nicht am Pech, sondern am mangelnden Speed. Ein ehemaliges Spitzenteam wie McLaren kann mit seinen ersten Monaten nie zufrieden sein. Aber Ehre, wem Ehre gebührt: Durch harte Arbeit haben sie es geschafft, den MCL60 in ein Auto zu verwandeln, das um das Podium kämpfen kann. McLaren ist auf einem guten Weg, zumindest bei den Grands Prix kurz vor der Sommerpause. Von einem Flop ist McLaren also schon (einigermaßen) top geworden.
Zielsetzung: In der einen Woche ist es Mercedes, in der anderen Aston Martin. Und in letzter Zeit auch ein paar Mal McLaren, der wichtigste "Herausforderer" von Red Bull Racing. Ohne große Neuerungen will McLaren weiter an der Spitze mitspielen. Die Umstrukturierung des Managements geht derweil im Hintergrund weiter. Wenn alle Neuzugänge an Bord sind, wird sich McLaren schon bald auf das Jahr 2024 konzentrieren.
Flop
Ferrari
Wie anders hatten sie sich diese Saison vorgestellt. Ferrari dachte, sie hätten Anfang 2023 eine echte Chance auf einen Weltmeistertitel. In Wirklichkeit sind die Italiener Vierter bei den Konstrukteuren und haben es nur zweimal geschafft, ihre Fahrer auf das Podium zu fahren( in beiden FällenCharles Leclerc ). Auch unter Fred Vasseur herrscht regelmäßig Chaos und bei Leclerc und (vor allem) Sainz ist die Verärgerung spürbar. Nein, 2023 wird bald als das Jahr des Sieges des Ferrari-Hypercars bei den 24 Stunden von Le Mans in die Bücher eingehen, während die F1-Ergebnisse bald vergessen sein werden.
Zielsetzung: Die Saison 2023 kann als verloren gelten, also ist der Blick intern auf die Zukunft gerichtet. Eine Schlüsselfrage wird sein, ob der Vertrag von Charles Leclerc verlängert wird oder nicht. Der Monegasse ist der perfekte Fahrer für das italienische Team. Es liegt daher im Interesse von Ferrari, ihn noch vor dem Jahreswechsel länger zu binden.
Alpine
Tja, Alpine. Was ist in dieser Saison schon alles mit den Franzosen passiert: Fahrer, die sich schon mehrmals gegenseitig aus einem Grand Prix eliminiert haben, ein Auto, das nicht einmal gut genug ist, um in der Unterliga mitzuhalten (abgesehen von Monaco), und vor allem eine lange Liste von Entlassungen. Oder ja, Teamchef Otmar Szafnauer hat uns offiziell im gegenseitigen Einvernehmen verlassen. So viel internes Gezänk ist nie gut für die Leistung, und das hat sich bereits gezeigt.
Zielsetzung: Ruhe! Nach Monaten, in denen die gegenseitigen Vorwürfe intern unaufhörlich über den Tisch flogen, ist das Hauptziel von Alpine, wieder Ruhe zu schaffen (obwohl es seit vielen Jahren keine mehr gab). Der noch zu findende neue Teamchef sollte das gewährleisten. Jetzt muss nur noch jemand gefunden werden, der bereit ist, in dieses Hornissennest zu treten.
Haas
Vorneweg: Auch in der ersten Hälfte der Saison spielt Günther Steiner oft genüsslich die Rolle des Günther Steiner. Aber was würde sich Teambesitzer Gene Haas freuen, wenn die Autos von Nico Hülkenberg und Kevin Magnussen so gut funktionieren würden wie Steiners Geplapper. Im Qualifying war Haas regelmäßig gut, nur um in den Rennen weit zurückzufallen. Eine weitere Saison, in der Haas keine große Rolle spielt, selbst mit zwei erfahrenen Männern in den Cockpits.
Zielsetzung: Haas hofft, endlich den großen Fehler zu entdecken: Warum ist das Auto über eine Runde meist in Ordnung, kommt aber im Rennen kaum voran? Sobald die Ursache bekannt ist, kann an der Lösung gearbeitet werden.
Alfa Romeo
Alfa Romeo befindet sich auf seiner Abschiedstournee, bevor die italienische Automarke Sauber im nächsten Winter als Namenssponsor verlässt. Für den Moment ist es eine Saison ohne Höhepunkte. Von allem strahlen die Schweizer aus, dass sie sich mitten in einer Übergangsphase befinden, bis sie Werksteam von Audi sind: keine Erfolge (und das scheint niemanden zu interessieren) und zwei Fahrer, die vor allem nicht herausstechen. Das anonymste Team in der Startaufstellung hat eine anonyme Saison.
Zielsetzung: Das Jahr überstehen, in den Urlaub fahren und als Sauber in die zweite (von drei) Saisonhälfte gehen.
AlphaTauri
Drei Punkte hat AlphaTauri bisher erobert, doch das Team ist mehr als regelmäßig aus dem Rampenlicht verschwunden. Die vieldiskutierte Entlassung von Nyck de Vries und die Rückkehr von Daniel Ricciardo stechen natürlich am meisten hervor, aber es gab auch viele andere Neuigkeiten. Man denke nur an den angekündigten Abgang von Teamchef Franz Tost und die Ankunft von Laurent Mekies als seinem Nachfolger. Worum ging es also nicht? Um gute Ergebnisse. Oder besser gesagt: akzeptable Ergebnisse. Während Red Bull Racing die Formel 1 dominiert, ist sein Schwesterteam die Lachnummer. Autsch!
Zielsetzung: Ohne Zweifel will AlphaTauri das Auto verbessern und so viele Punkte wie möglich holen. Gleichzeitig gibt es aber auch Realismus: Das Hauptaugenmerk des Teams liegt auf dem Jahr 2024. Es stehen wichtige Fragen an, z. B. wie der neue Name des Teams lauten wird, welche Fahrer fahren werden und wie man das dramatisch schlechte Auto verbessern kann.