Der Bezahlfahrer ist aus der Formel 1 verschwunden, es lebe der Bezahlfahrer 2.0!
- Ludo van Denderen
Inzwischen wurde schon viel darüber gesagt und geschrieben. Die Nachricht, dass Sergio Perez einen neuen Vertrag bei Red Bull Racing angeboten wurde, hat viele überrascht. Der Mexikaner fährt in einem der dominantesten Autos des Feldes. Was macht ihn also für das österreichische Team attraktiv? Unter anderem das riesige Sponsorenbudget, das Perez mitbringt, und sein gigantischer Marketingwert vor allem in Mexiko. Damit ist Perez nicht der Einzige: Die Formel 1 ist immer noch teilweise auf den Bezahlfahrer angewiesen, auch wenn er nicht mehr der Bezahlfahrer der Vergangenheit ist.
Wer erinnert sich zum Beispiel an Pedro Diniz? Wegen seines Talents wollte kein Team in der Formel 1 den Brasilianer haben. Die enorme Summe, die seine Familie für einen Sitzplatz zahlte, war ein Grund, ihn zu verpflichten. So konnte Diniz sechs Saisons lang in der Formel 1 herumhumpeln, ohne großen Erfolg (versteht sich). Und er war sicher nicht der Einzige, der auf diese Weise eine F1-Karriere machte.
Kein Gehalt, aber ein F1-Sitz
Bis vor nicht allzu langer Zeit war das völlig normal: Ein Fahrer oder eine Fahrerin, der oder die sich mit dem Geld eines reichen Sponsors in ein F1-Team eingekauft hat und damit einen oder ein paar Grands Prix starten konnte. Ein Gehalt erhielten sie dafür nicht, nur Geld wurde wirklich eingebracht. Jahrelang waren vor allem die kleinen Teams (notgedrungen) auf die Millionen von Fahrern wie Diniz angewiesen.
Seit die Formel 1 in aller Munde ist, haben alle zehn F1-Teams einen riesigen Zustrom von Sponsoren erlebt. Einen reinen Bezahlfahrer, wie er bis vor etwa einem Jahrzehnt völlig normal war, gibt es nicht mehr. Inzwischen können die Teams einen Fahrer eher auf der Basis von Qualität anwerben. Sozusagen, denn nach wie vor kann die Höhe der Sponsorengelder eine wichtige Rolle bei der Entscheidungsfindung spielen, wie in diesen Tagen in der sogenannten Silly Season wieder deutlich wird.
Red Bull zufrieden mit Perez' Millionen
Natürlich ist Sergio Perez kein schlechter Fahrer. Er kann wirklich schnell sein. Aber nach einer (weiteren) Saison mit weniger Höhen als Tiefen wird Red Bull in seinen Berechnungen auch berücksichtigt haben, dass ohne Perez auf dem Sitz neben Max Verstappen auch die vielen Millionen aus Mexiko verschwinden werden (vor allem vom steinreichen Telekommunikationsboss Carlos Slim). Und was ist mit den vielen Mützen und Trikots, die jährlich in Mexiko und ganz Lateinamerika an die leidenschaftlichen Perez-Fans verkauft werden?
Diese Woche tauchten außerdem Gerüchte auf, dass Guanyu Zhou als Nachfolger von Esteban Ocon bei Alpine im Gespräch sei. Fair ist fair: Der Chinese hat in seinen drei Saisons in der F1 keinen bleibenden Eindruck hinterlassen, was sollte Alpine also mit ihm machen? Angeblich helfen die 30-35 Millionen Dollar, die Zhou dank seiner persönlichen Sponsoren (z.B. China Telecom) einbringt. Außerdem ist die Muttergesellschaft Renault auf dem chinesischen Markt aktiv und mit Zhou hätte das Unternehmen ein gutes Aushängeschild. Wenn Zhou dann auch noch ab und zu in der F1 ein paar Punkte sammelt, wäre das schön.
Auf jeden Fall ist es eine Illusion zu glauben, dass die F1-Teams ihre Fahrer zu 100 Prozent nach sportlichen Gesichtspunkten auswählen. Es ist zwar nicht mehr so schlimm wie früher, aber der Bezahlfahrer 2.0 hat immer noch oft einen leichten Vorteil gegenüber dem Durchschnittsfahrer ohne viele Groschen.