Michelin-Chef prangert Formel-1-Philosophie an: "Lasst das Auto auseinanderfallen!

10:29, 28 Jun 2023
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Es sieht so aus, als müssten wir in der Formel 1 vorerst nicht mit Michelin als Reifenlieferant rechnen. Im Gespräch mit F1-Insider hat sich Michelin-Chef Matthieu Bornadel in scharfer Form über die seiner Meinung nach falsche Sichtweise der Formel 1 geäußert.

Die FIA gab anderen Reifenherstellern die Möglichkeit, sich als potenzielle neue Lieferanten zu bewerben. Alle Augen richteten sich auf das französische Unternehmen Michelin. Würde die Marke von einst in die Formel 1 zurückkehren? 2006 wurde der Michelin-Reifen das letzte Mal angefasst. Aber 17 Jahre später scheinen die Formel 1 und der Reifenlieferant nicht mehr zusammenzupassen. Die Philosophie der Rennklasse passt nicht zu den Franzosen, lässt Bornadel nicht unausgesprochen.

"Wir wollen eine Geschichte erzählen, die zur Markenphilosophie von Michelin passt: Dass wir hochqualitative Reifen produzieren, die länger halten und nachhaltig sind". Letzteres, das ist der Punkt, an dem es laut dem Franzosen bereits schief läuft. "In der Ausschreibung der F1 gibt es zur Nachhaltigkeit gerade mal eine halbe Zeile. Es gibt diesbezüglich quasi null Erwartungshaltung und ist völlig egal: Wir könnten die Reifen nach dem Rennen auch verbrennen und niemand würde etwas sagen."

Reifenverschleiß

Aber es gibt noch ein anderes heikles Thema für Michelin. Ein großer Teil der Strategie in der Formel 1 ist mit dem Reifenverschleiß verbunden. Wenn ein Reifen nicht abgenutzt wird, fällt ein wichtiger Teil des Spiels weg. Auch das geht der Reifenmarke gegen den Strich, die eigentlich die bestmöglichen Reifen mit so wenig Verschleiß wie möglich herstellen will. "Am Ende geht es nur um die Show, nicht darum eine Geschichte zu erzählen, bei der wir gut aussehen können", seufzt Bornadel. "Das ist aber ein Muss: Wenn wir in ein Rennen gehen, wollen wir nicht aussehen wie jemand, der ein schlechtes Produkt liefert und dann regen sich auch noch alle darüber auf."

Der Michelin-Chef hat ein einprägsames Beispiel parat: "Aber wir sind nicht davon überzeugt, dass die Show besser wird, wenn das Produkt schlechter wird. Wenn das der Fall ist, warum sorgen sie dann nicht dafür, dass die Autos auseinanderfallen, je länger das Rennen dauert? Nach einer Runde verlierst du den Flügel, danach den Reifen und so weiter. Das wäre doch toll für die Show. Im Ernst: Warum soll nur der Reifen das sein, was als schwächste Komponente angesehen wird?", denkt der Direktor in Lösungen. Pirelli scheint derzeit die besten Karten zu haben, der Reifenlieferant der Formel 1 zu bleiben.