Ben Sulayem tritt zurück: Das ist in der Formel 1 schief gelaufen

General

FIA-Präsident Ben Sulayem verlässt die F1
11. Februar 2023 ab 11:52
  • GPblog.com

Mohammed Ben Sulayem wird sich nicht mehr um die Formel 1 kümmern, wie die FIA diese Woche bestätigte. Der Präsident der Organisation bleibt zwar in seiner jetzigen Position, doch damit geht seine turbulente Zeit zu Ende. Seit seiner Ernennung am 17. Dezember 2021 hat er sich langsam die Abneigung von Teams, Fahrern und Fans zugezogen. Wir listen seine Zeit in der Formel 1 auf.

Hauptproblem beim Bericht über Abu Dhabi

Der Präsident kam in einer schwierigen Zeit. Ende 2021 beendete die Formel 1 eine bemerkenswerte Saison. Immerhin holte Max Verstappen in Abu Dhabi seinen ersten Weltmeistertitel, aber dabei machte die Rennleitung keinen soliden Eindruck. Unter anderem aufgrund der Beschwerden von Lewis Hamilton und Mercedes beschloss die FIA, eine umfassende Untersuchung einzuleiten.

Drei Monate später lag der ausführliche Bericht auf dem Tisch, aber darin erwies sich die Organisation als unfähig, sich selbst vollständig kritisch zu betrachten. Die FIA behauptete, dass sie tatsächlich eine Reihe von Fehlern begangen hatte, nur dass es sich dabei um "menschliche Fehler" handelte. Das brachte Ben Sulayem zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt als FIA-Chef viel Kritik ein und stellte ihn vor sein erstes Problem.

Hamilton und FIA streiten sich um "Schmuck"

Vor allem Hamilton, der in Abu Dhabi seinen achten Weltmeistertitel verpasste, war verbittert über den Ausgang der Untersuchung. Doch es gab noch mehr, was den Briten beunruhigte. So beschloss die FIA, das Tragen von Schmuck und Piercings während des Fahrens in Zukunft strenger zu regeln. Davon war unter anderem Hamilton betroffen, der sich weigerte, sich an diese Regeln zu halten.

Ben Sulayem beschloss daraufhin, in den Medien ein klares Statement abzugeben, indem er schwere Strafen ankündigte, wenn ein Fahrer die Regeln nicht befolgte. Obwohl die FIA damit scheinbar für Ruhe sorgen wollte, stellte sich die Organisation stattdessen diametral gegen Hamilton. Ben Sulayem geriet dadurch erneut in die Negativschlagzeilen.

Horner und Ben Sulayem beschimpfen sich gegenseitig

Auch für den Rest der Formel-1-Saison 2022 konnte sich Ben Sulayem nicht mehr durchsetzen. Mehrere Teamchefs konnten sich nicht mehr zurückhalten, was bei der Preisverleihung zum Jahresende für einen peinlichen Moment sorgte. Christian Horner verriet dabei sogar offen, dass er von der Art und Weise, wie die Dinge bei der FIA geregelt wurden, nicht begeistert war.

Der Teamchef von Red Bull Racing verwies auf den Großen Preis von Japan. Nach dem verkürzten Regenrennen war eine Zeit lang unklar, ob Verstappen Weltmeister war, weil die FIA nicht klar kommuniziert hatte, ob ganze oder halbe Punkte vergeben werden würden. Ben Sulayem konterte heftig und wies darauf hin, dass die Teams die Regeln gemeinsam beschlossen. Wer auch immer Recht hatte: Es war auf keinen Fall eine gute Wendung.

Fehleinschätzung der Regeln für politische Erklärungen

Kurz darauf machte die FIA einen großen Fehler, indem sie eine neue Regel einführte, nach der Teams und Fahrer von nun an eine schriftliche Genehmigung einholen müssen, wenn sie ein politisches Statement abgeben wollen. Das sorgte für viel Kritik innerhalb der Formel 1, wobei Sebastian Vettel und erneut Hamilton gegen die Entscheidung waren.

Formel-1-Chef Stefano Domenicali verteidigte die FIA erst diese Woche und erklärte, dass die Motorsportklasse Fahrer/innen niemals zum Schweigen bringen wird, wenn sie ihre Meinung äußern, dass die FIA aber auch andere Aspekte berücksichtigen muss. Es ist jedoch bemerkenswert, dass Ben Sulayems Vorgänger den Fahrern kommunikative Freiheiten einräumen konnten. Deshalb erhielt er wieder einmal ein Minus hinter seinem Namen.

Sexistische Äußerungen von Ben Sulayem

Zufall oder nicht, aber Ben Sulayem hätte Ende Januar fast den Todesstoß bekommen, als frühere Äußerungen von ihm ans Licht kamen. Darin erklärte er unter anderem, dass er Frauen nicht mag, die sich für schlauer halten als Männer, weil das nicht stimmt. Obwohl diese Äußerungen mehr als 20 Jahre zurückliegen, haben sie ihm Ärger eingebracht.

Das war nicht die einzige Nachricht, die während der Winterpause der Formel 1 aufkam. So gerieten die Formel 1 und Liberty Media aneinander, als Ben Sulayem anzudeuten schien, dass die Motorsportklasse zum Verkauf steht. Außerdem zeigte er sich als starker Befürworter der Zulassung von mehr Teams in der Formel 1, was fast alle Verbände nicht gut fanden.

Abschied vom FIA-Präsidenten in der Formel 1

Es war daher keine Überraschung, als die FIA bekannt gab, dass Ben Sulayem zurücktreten wird und der Grieche Nikolas Tombazis von nun an die Ehre haben wird. Damit will er versuchen, die Organisation in den kommenden Monaten wieder in ein positiveres Licht zu rücken und den Fokus wieder auf die Formel 1 zu richten, während Ben Sulayem sich mehr auf strategische Elemente konzentrieren wird.

In der Vergangenheit des Motorsports wird es selten einen FIA-Präsidenten gegeben haben, der sich in so kurzer Zeit bereits unmöglich gemacht hat. Ben Sulayem muss daher befürchten, dass es seine erste und einzige Amtszeit sein wird. Der Nachfolger von Jean Todt wird in der kommenden Zeit alle Hebel in Bewegung setzen müssen, um die interne Belegschaft wieder hinter sich zu bringen: eine Aufgabe, die für ihn schwer zu bewältigen sein wird.